Brouhaha 13 – Das Eigentor von Jako

Sommer 2009 in Deutschland: April 2009 kommentiert der Fussball-Blogger Frank Baade das neue Logo des Sportartikel- und Fussballtrikot-Herstellers Jako auf seinem Blog etwas unglücklich mit Worten wie „Schlurch / Aldi / Lidl und Scheisse“. Die Firma Jako war von diesem frivol-subjektiven Freistoss nicht unbedingt angetan und bat die Kanzlei Horn & Kollegen sich mit Trainer Baade angemessen ins Benehmen zu setzen. Kurzum: Sie schickte Frank Baade eine Abmahnung inklusive Abmahngebühr und Unterlassungserklärung. Man verständigte sich, nahm den Artikel vom Netz und die Sache schien geregelt, bis Trainer Baade im August 2009 eine Art „Vertragstrafe“ vors Tor flatterte mit der Begründung, der Artikel sei immer noch im Netz zu finden. Die Umstände für diese Begründung bescheerte Jako allerdings binnen Kürze eine äußerst zweifelhafte Popularität.
Auslöser, Momentum, Reaktion und Relevanz diskutiert Podpimp Alex Wunschel diesmal mit Kai Lorentz aka Probek.

Links:
Blog von Probek
Blog von Trainer Baade
Blog Artikel auf „Alles außer Sport“
Presse-Mitteilung von Jako
Kommentar der Pressemeldung auf allesaussersport.de
Unterhaltsame Aufbereitung des Falles bei Thomas Knüwer / Handelsblatt
podpimp vs. probek auf dem off-the-record-Blog

14 Antworten

  1. @Brouhaha: Warum soll denn ein Blogger keine Fragen an ein Unternehmen stellen dürfen? Das ist doch das ABC der Recherche. Hätte er es nicht getan – das wäre ein Versäumnis gewesen. Sie sagen es doch selbst: „Blogger betreiben einen Mediendienst.“

  2. Ryk Thiem sagt:

    Lieber Alex,

    ich kann ich nicht wirklich verstehen, wieso du die „Einmischung“ von Kai Pahl kritisierst. Besonders in Zeiten in denen Bloggern und Podcastern je nach Event oder Messe Akkreditierungen zugestanden werden, ist doch eine vergleichbare Ähnlichkeit von Blogger und Journalist nicht mehr von der Hand zu weisen. Und hätte Kai Pahl nicht nachgefragt und ausführlich darüber gebloggt, wir hätten doch davon nie erfahren. Ich denke nicht, dass es relevant ist, ob tatsächlich ein Medienkonzern, eine kleine Regionalzeitung oder eben ein Blogger die Fragen stellt – Hauptsache ist, es stellt jemand Fragen, wenn es uns alle etwas schlauer macht. Und ich glaube, in diesem Fall können wir etwas daraus lernen, ganz gleich ob wir Blogger, Anwälte, Journalisten oder Produzenten sind.

    Trotz unterschiedlichem Gedankengang hierbei, wieder eine tolle Sendung.

  3. Stefan Hagen sagt:

    Hi Alex,

    tolle (weil so kontrovers geführte) Brouhaha-Episode! Danke dafür.

    Ich kann übrigens der Argumentation von beiden Seiten etwas abgewinnen. Mein Zwischen-Fazit: Der gesamte „Jako-Fall“ hat das Potenzial, ein Lehrbeispiel zu werden (wie auch die Textberater schreiben http://bit.ly/45Uv5h). Denn es stecken wirklich viele interessante Aspekte drinnen, gerade auch in juristischer Hinsicht.

    Danke nochmal für Deine perfekt produzierten Podcasts.

    Grüße vom Bodensee,

    Stefan

  4. Habe ich das richtig verstanden? Kai Pahl soll keine Fragen stellen dürfen, weil „ih das nichts angeht?“. Nur weil er „Blogger“ ist, und kein „Journalist“, bzw. in siener Funktion als Blogger gefragt hat?

    Gute Güte – selbst ein Privatmann hat das Recht fragen zu stellen und darüber zu berichten welche Antworten er erhält. Oder welche eben nicht. Soll ich weg schauen, wenn jemandem Unrecht geschieht, nur weil es mich nicht betrifft?

  5. Markus sagt:

    Ganz grandiose Ausgabe.
    Mit Blick auf beide Sichtweisen (Sportblogger und Unternehmensseite), einer Prise Dissenz und angemessen ausführlicher Betrachtung. Heikle Geschichte auf jeden Fall.
    Bestes Brouhaha bisher.

  6. Podpimp sagt:

    Zur Klarstellung: Auch ich bin prinzipiell gegen ein Vorgehen wie von Jako / Horn & Kollegen an den Tag gelegt. Und gerne ist es das Recht eines Jeden, ob Blogger, Privatmann oder Journalisten Fragen zu stellen.

    Dennoch muss einem auch zugestanden werden, dass man mal eine Minute Reflektion walten lässt, sich kurz auf die sachliche Ebene des Kontextes begibt und sich Fragen stellt wie z.B.:
    – Woher kommt die Motivation von Kai Pahl?
    – Wo ist Frank Baade?
    – Vielleicht sogar mal gefragt: WER ist Frank Baade?
    – Warum hat als PR-Berater den Prozess nicht durchgefochten, auch mit Hilfe der Community?

    Interessierten seien die folgende Kommentare empfohlen:
    http://bit.ly/20ioCk
    http://bit.ly/oAsnX

    Nochmal: Ich finde das seitens Jako sehr unglücklich gehandhabt, aber ich lasse mich nicht vor einen Karren allgemeiner und unreflektierter Unternehmensschelte spannen.

    Alex

  7. Tobias sagt:

    Was in dieser Sendung leider nicht zur Sprache kam – aber in anderen Brouhaha-Beispielen immer zurecht gefordert wurde: Jako hätte von Anfang an auf den kritischen Artikel selber reagieren und ihr Logo verteidigen können. Und zwar auf dem Kanal, wo die Kritik veröffentlicht wurde.
    Natürlich ist des der Job von Rechtsanwälten, mit voller Feuerkraft zu schiessen. Aber Rechtsanwälte auf kritische Blogger loszulassen geht ja selten gut aus.

    Alex: Social Media Monitoring besteht doch aus Auffinden von kritischen Statements zur Firma und der entsprechenden Reaktion auf den selben Kanälen – wenn ich die bisherigen Brouhaha Folgen richtig verstanden habe.
    Und nicht auf das Auffinden von kritischen Artikeln und dem Loslassen der Kavallerie?

  8. probek sagt:

    @podpimp

    Dennoch muss einem auch zugestanden werden, dass man mal eine Minute Reflektion walten lässt, sich kurz auf die sachliche Ebene des Kontextes begibt

    Dir ist schon klar, dass du damit im Prinzip aussagst, andere hätten – im Gegensatz zu dir – eben nicht „mal eine Minute“ (sic!) die Sache reflektiert und könnten – wieder im Gegensatz zu dir – nicht sachlich sein? Nun ja.

    Zu deinen „sachlichen“ Fragen:

    – Woher kommt die Motivation von Kai Pahl?

    Warum interessiert dich das? Spielt erstens keine Rolle, Fragen stellen darf jeder (s.o., selbst du). Ich habe es ansonsten zweitens auch schon im Interview erklärt, dass er als Blogger in ähnlichen Fällen (weitere Abmahnung wegen eines immer noch im Netz befindlichen Artikelbruchstücks, auch wenn das Original längst entfernt wurde) betroffen wäre und drittens: sagt Kai Pahl das auch ganz explizit im auch von dir verlinkten Artikel, Zitat:

    Es geht nicht nur um Trainer Baade. Iris Sanguinette, Rechtsanwältin der Kanzlei Horn & Kollegen, vertritt eine Rechtsauffassung – sollte sie sich durchsetzen, wird Bloggen in Deutschland zu einem nicht mehr kalkulierbaren finanziellen Risiko.

    Das schreibt Kai im zweiten Absatz seines Blogartikel, direkt nach zwei einführenden Sätzen.

    Wo ist Frank Baade?

    Vermutlich zu Hause. Warum sollte das eine Rolle spielen?

    Vielleicht sogar mal gefragt: WER ist Frank Baade?

    Ein Blogger, der einen Artikel verfasst hat, der einem Unternehmen bzw. den vom Unternehmen beauftragten Rechtsanwälten nicht gefielt und der daraufhin in einen Rechtsstreit geriet, der irgendwann an die Öffentlichkeit kam. Die Handlungsweisen des Unternehmens bzw. der Rechtsanwälte des Unternehmens sind interessant, ebenso, wie hier versucht wurde, mit dem Unternehmen missliebigen Äußerungen umzugehen. Und die Frage ist interessant, ob und wie ein Unternehmen am besten seinen Namen bzw. seine Marke schützt und ob die sofortige Einschaltung des Rechtswegs auch der richtige Weg ist. Wer Frank Baade ist, tut hier nichts zur Sache.

    Warum hat Baade als PR-Berater den Prozess nicht durchgefochten, auch mit Hilfe der Community?

    Das ist ein wenig gewagt, die Äußerung eines unbekannten Kommentators im Blog von Kai Pahl, der Blogger sei auch „PR-Berater“ als Grundlage dafür zu nehmen, dieser Blogger hätte de fakto den Beruf eines „PR-Beraters“. Interessant, wo du doch sonst die Kommentare dort meiden wolltest …

    Egal. Nehmen wir mal an, er sei PR-Berater. Und? Heißt das dann automatisch, dass er soviel Geld verdient, dass er sich mal eben locker einen Prozess leisten kann? Wegen des Rechts auf Meinungsfreiheit für die Allgemeinheit? Märtyrer sind zwar hoch angesehen, deren Rolle spielen wollen aber die wenigsten. Und die wenigsten können sich das leisten. Und warum gerade PR-Berater qua Beruf Prozesse durchfechten sollten, ist mir auch nicht schlüssig.

    Natürlich wäre es schön, wenn auch der kleinste Blogger immer aufrecht für die Meinungsfreiheit streiten könnte — aber hier sitzen die, die sich per Abmahung oder gar per Prozess gegen ihnen unliebsame Äußerungen wehren, finanziell zumindest (fast) immer am längeren Hebel. Da bleibt dem „Popelsblogger“ oft nur die Flucht in die Öffentlichkeit, um zumindest moralisch als Gewinner da zu stehen. Und was es kostet, wenn so ein Prozess um Meinungsfreiheit geführt wird, haben wir auch schon im Podcast ausgearbeitet. Wie gesagt: 17.000 Euro (als Sonderpreis!) hat Jens Weinreich für bezahlt.

    Zurück zum konkreten Beispiel Jako vs. Trainer Baade: ich vermute mal, der Betreffende hat einfach das Prozessrisiko gescheut und gedacht, wenn ich denen entgegenkomme (z.B. in dem ich Teile der Unterlassungserklärung unterschreibe) ist für mich das finanzielle Risiko (das alles überragt) am geringsten. Erst als immer weitere Forderungen von Jako und deren Anwälten kamen und ihn immer höhere Strafzahlungen angedroht wurden, hat er andere auf diese Sache aufmerksam gemacht. Und die haben den Vorgang dann öffentlich gemacht, aus oben schon genannten Gründen, auch, weil sie selbst die nächsten sein könnten, die betroffen wären. Für mich bleiben da wenig Fragen offen — und gar keine in Bezug auf die Person des Trainers. Weil es nicht um ihn geht.

    Ganz abgesehen davon finde ich es unsäglich, wie unsouverän in solchen oder ähnlichen Fällen mit Kritik umgegangen wird. Und wie unverhältnismäßig und übertrieben es mir erscheint, darauf nicht mit Dialog oder Gegenkritik zu reagieren, sondern den Abmahn-Anwälten und Gerichten das Problem zu überlassen. Das gibt nur Verlierer.

    Kai

  9. Tobias sagt:

    Hab ich vergessen zu sagen: Eine interessante Sendung, auch wenn zum Teil der Faden kurzzeitig verloren ging.
    Das aber mag ich am Podcasting: Alex hat hier nach hohem Blutdruck sehr gut reagiert und spontan mit probek eine Sendung gemacht. Schön, dass im Brouhaha auch mal kontrovers diskutiert wurde. Auch wenn die «Experten-Gespräche» mit Luebue auch spannend sind.

  10. Uwe sagt:

    Gratulation zum spannenden Brouhaha, Alex, ich finde, das war/ist der spannendste bisher. Wollte nur darauf hinweisen, dass es einen großen Unterschied zwischen privaten Bloggern und Journalisten gibt: Ein Journalist ist (meistens) durch seinen Verlag juristisch abgesichert, er kann also im Zweifelsfall damit rechnen, dass er anfallende Rechtskosten nicht selbst begleichen muss. Das gibt ihm m.E. eine stärkere Position gegenüber Unternehmen. Ich hatte Dich auch teilweise so verstanden, dass Du Blogger nicht unbedingt kritisierst, sondern nur dazu aufforderst, sich über die Konsequenzen von Veröffentlichungen im Netz Gedanken zu machen – und zwar bevor sie schreiben. Das muss ja nicht in Selbstzensur ausarten, fast jede Art von Kritik abgesehen von Tatsachenbehauptungen kann so formuliert werden, dass sie rechtlich unangreifbar wird.

    Und nur um das klipp und klar zu sagen: Jako hätte auch erst nachdenken sollen. Dann mit Frank Baade reden. Und evtl. sogar begreifen, dass Kritiker letztendlich oft auch enttäuschte Fans sind, die man mit etwas Mühe durchaus vom eigenen Standpunkt (wieder) überzeugen kann.

  1. 13.09.2009

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